Hamburg 2014. Fast zehn Jahre ist es her, dass Gertrud „Gerdi“ Benthack im Gedenken an ihren Ehemann Henri eine gemeinnützige Stiftung zur Förderung von Aus- und Weiterbildung innerhalb der Bauwirtschaft gründete. Gemeinsam mit ihrer Tochter Sigrid Schölzel rief die große alte Dame des norddeutschen Baustoffhandels im Dezember 2005 die Henri Benthack Stiftung ins Leben.

Verantwortung gegenüber der Baubranche

Sie lenkte deren Geschicke ebenso umsichtig und zukunftsgerichtet wie das gleichnamige Baustoff-Fachhandelsunternehmen, dem sie nach dem Tode ihres Mannes 1972 als Hauptgesellschafterin vorstand, und kam selbst als Hundertjährige noch regelmäßig in die Hauptniederlassung in Hamburg-Billbrook, um sich dort dem Tagesgeschäft zu widmen – und immer wieder neue Wege zu suchen, die Qualität der Ausbildung „rund um den Bau“ zu verbessern.

Damals Deutschlands älteste aktive Unternehmerin, war Gerdi Benthack Zeit ihres Lebens tief geprägt von einem umfassenden Verantwortungsbewusstsein, einem Gefühl der persönlichen Verpflichtung gegenüber dem Unternehmen, den Mitarbeitern und nicht zuletzt auch gegenüber der norddeutschen Baubranche, der die Baustoff-Fachhandlung Henri Benthack ihren steten Aufstieg vom Zweipersonen-Büro an der Hamburger Mönckebergstraße zu einem der großen deutschen Mittelständler mit sechs Niederlassungen und über 200 Mitarbeitern verdankt.

„Unsere Mitarbeiter sind das Unternehmen“

„Der Mittelstand hat etwas Menschliches,“ sagte Gerdi Benthack anlässlich der Stiftungsgründung zum 75. Jubiläum der Firma Henri Benthack im Dezember 2005. „Unsere Mitarbeiter identifizieren sich nicht nur mit unserem Unternehmen; sie sind das Unternehmen. Da ist es unsere Aufgabe, etwas zurückzugeben.“ Gerdi Benthack wusste: Ob im handwerklich-gewerblichen Bereich als Polier oder Meister oder im akademischen Bereich als Bauingenieur oder Architekt – ist der Nachwuchs gut ausgebildet, dann profitiert nicht nur das eigene Unternehmen, sondern die gesamte Branche, der sie ebenso wie ihr Mann zeitlebens so eng verbunden war.

Eine Investition in die Jugend ist eine Investition in die Zukunft

Dieser Geist lebt in der Stiftungsarbeit auch nach dem Tode Gerdi Benthacks 2013 spürbar fort. Eine Investition in die Jugend ist eine Investition in die Zukunft: Niemand weiß das besser als Stiftungsvorstand Klaus Lühmann, der 2004 nach über 50 Jahren Mitarbeit in der Firma Henri Benthack von der operativen Geschäftsführung in den Beirat des Unternehmens und 2005 darüber hinaus auch zur Stiftung wechselte, um deren rasch vielfältiger werdende Projekte zu betreuen. „Unsere Arbeit gliedert sich in drei wesentliche Bereiche“, so Klaus Lühmann, „da ist zunächst die Förderung der handwerklichen Aus- und Weiterbildung. Nach der Gesellenprüfung, beispielsweise als Maurer, Zimmerer, Tief- oder Straßenbauer, würden viele junge Leute gern noch Polier werden oder die Meisterprüfung machen, scheitern jedoch an den Kosten.“

250.000 Euro für Aus- und Weiterbildung im Baubereich

Zusammen mit den Bauinnungen Hamburg und Lübeck und dem Bauindustrieverband Hamburg leistet die Stiftung hier finanzielle Unterstützung: „Wir übernehmen jedes Jahr für rund 20 Gesellen einen Teil der Weiterbildungskosten – oftmals bis zu 50 Prozent.“ Die Bauinnung Lübeck erhält darüber hinaus von der Stiftung die Mittel zur gezielten Förderung von Lehrlingen, die Nachhilfe in Mathematik benötigen oder den theoretischen Unterrichtsstoff der Berufsschule wiederholen und festigen wollen.

Etwa 250.000 Euro konnte die Henri Benthack Stiftung in den letzten Jahren für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Baugewerblichen Bereich bereitstellen; weitere rund 500.000 Euro flossen in die akademische Nachwuchsförderung und die Zusammenarbeit mit norddeutschen Hochschulen wie der HafenCity Universität Hamburg, der Technischen Universität Harburg, zu deren Stifterversammlung die Henri Benthack Stiftung zählt, oder der hochschule21 in Buxtehude.

Der akademische Nachwuchs ist „vom Bau“

Die Förderung der Hochschulausbildung in den bauwirtschaftsnahen Studiengängen steht bei der Henri Benthack Stiftung hoch im Kurs. Damit sich Forschung und Lehre in Norddeutschland weiter auf hohem Niveau entwickeln können, werden regelmäßig Laborgeräte und Lehrmittel und Fachbücher für die Bibliotheken von der Stiftung finanziert. Die Technische Universität Harburg erhält Mittel für den hochschuleigenen „Engineer Trust“.

Mit dem Ankauf einer supermodernen Wärmebildkamera für das dortige Institut für Baustoffe, Bauphysik und Bauchemie ermöglichte die Stiftung einen stärkeren Praxisbezug in der akademischen Bauingenieursausbildung. „Die Wirtschaft braucht hochqualifizierte Techniker“ erklärt Klaus Lühmann. „Wir möchten dazu beitragen, das Studium attraktiv zu gestalten und die Studierenden praxisnah fördern.“

Zusammenarbeit mit der HafenCity Universität in Hamburg

Auch die profitiert vom Engagement der Henri Benthack Stiftung. Die Stiftung finanziert unter anderem wissenschaftliche Vortragsreihen und stellt Gelder für Promotionsstipendien zur Verfügung. 2009 konnte an der HCU mithilfe der Stiftung der Bau eines außergewöhnlichen Objekts realisiert werden, das Kunst, Kultur und Bauwirtschaft auf einzigartige Weise verbindet: Studierende des Fachbereichs Architektur entwarfen im Rahmen eines Wettbewerbs den Klang!-Container, eine mobile Plattform für Kunst und Kultur, deren lichtdurchlässige Außenhaut den Container wie ein kleines Raumschiff wirken lässt. Und seit 2011 gibt es auf dem HCU-Campus Averhoffstraße das Benthack International House als interkulturelle Begegnungsstätte

für Studierende. Hier trifft sich der akademische Nachwuchs „vom Bau“ – das Angebot reicht von der Vermittlung internationaler Praktika über Deutsch- und Fremdsprachenkurse bis hin zur Rechtsberatung; es gibt Diskussionsrunden, Coachings und ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm. Mit der Verlagerung des Hochschulbetriebs der HCU in den Neubau in der HafenCity wird auch das Henri Benthack International House dorthin umziehen.

Engagiert für das Deutschlandstipendium

Und dann gibt es natürlich noch das Deutschlandstipendium, mit dem die Bundesregierung seit 2011 besonders begabte Studierende fördert und das zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von privaten Förderern wie Unternehmen, Vereinen oder Alumni getragen wird – und von Stiftungen: „Die Henri Benthack Stiftung hat sich von Anfang an beim Deutschlandstipendium engagiert,“ erzählt Klaus Lühmann. „Wir wollten einen Anreiz für besondere Leistungen schaffen und dazu beitragen, während der Ausbildung den finanziellen Druck für den begabten Nachwuchs zu verringern.“

Bis heute konnte die Stiftung mehr als 100 Studierende der Fachrichtungen Architektur und Bauingenieurwesen mit einem Deutschlandstipendium fördern. Auch in diesem Jahr 2014war die Henri Benthack Stiftung mit 20 Stipendien wieder am Deutschlandstipendium beteiligt. So erhielten zum Beispiel sechs Studierende der dualen Studiengänge Bauingenieurwesen, Bauen im Bestand und Bau- und Immobilienmanagement an der hochschule 21 ein von der Stiftung gefördertes Deutschlandstipendium. Drei weitere Studierende wurden mit einem Henri Benthack Stipendium für herausragende Leistungen gefördert.

Studium plus Lehre in Lübeck

Ein ganz besonderes Projekt ist StudiLe (Studium plus Lehre): Teilnehmer können in nur viereinhalb Jahren an der Fachhochschule Lübeck ein Studium im Fachbereich Bauwesen und gleichzeitig eine integrierte Lehre absolvieren. Neben der Henri Benthack Stiftung, die die Kosten für die überbetriebliche Ausbildung trägt und für einen Teil der Studierenden die Ausgaben der Ausbildungsbetriebe bezuschusst, sind die Handwerkskammer, die Bauinnung und eine Reihe regional ansässiger Unternehmen an dem Gemeinschaftsprojekt beteiligt.

Absolventen qualifizieren sich in kurzer Zeit umfassend für zukünftige Führungsaufgaben in Unternehmen der Bauwirtschaft – idealer Weise bei inhabergeführten Mittelständlern, ganz im Sinne von Henri und Gerdi Benthack und ihrer Tochter Sigrid Schölzel.

Erhalt von Kultur- und Baudenkmälern

Doch damit nicht genug: Die Stiftung engagiert sich auch für den Schutz von Baudenkmälern und für Kulturförderung und unterstützt etwa die Hamburger Kunsthalle. Für die denkmalgerechte Komplettrenovierung der ehemaligen Friedhofskapelle in der Mengestraße in Hamburg-Wilhelmsburg stellte die Stiftung umfangreiche Mittel zur Verfügung. Die Kapelle wird für Aktionen rund um Kunst und Kultur genutzt; seit der internationalen Gartenschau (IGS) Hamburg 2013 auch als Ausstellungs- und Informationszentrum.

In Grevesmühlen, wo Henri Benthack Baustoffe seit 1990 eine Niederlassung unterhält, war die Stiftung an der Sanierung der Nikolaikirche beteiligt, der 2009 aufgrund von Gewölbeschäden die Sperrung drohte. Der gotische Hallenbau ist eine von drei historischen Kirchen, die mit Stiftungsgeldern saniert werden konnten. Sie stammt aus dem Hochmittelalter und wurde erstmals im Jahre 1230 urkundlich erwähnt.

Aber es sind nicht nur die historisch wichtigen Bauwerke, die der Henri Benthack Stiftung am Herzen liegen. „Es geht grundsätzlich ja darum, Räume wiederherzustellen oder zu schaffen, in denen sich Menschen begegnen, um ein Miteinander,“ sagt Stiftungsvorstand Klaus Lühmann. Und in solchen Momenten ist sie wieder ganz präsent, die Stifterin und Unternehmerin Gerdi Benthack: Der Mittelstand hat wirklich etwas Menschliches.